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Woran ich heute glaube



29.08.2021:


Heute vor 5 Jahren stieg ich aus der OCG aus. Zu diesem Anlass wage ich es, auf die häufigste Frage einzugehen, die mir seither gestellt wurde: Woran glaubst du jetzt eigentlich?

Mein Glaubensbekenntnis soll auch eine Erklärung dafür geben, warum ich den anstrengenden Weg auf mich genommen habe, trotz meines Alters noch ein Jura-Studium nachzuholen.


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Abschrift des gesprochenen Textes:


Woran ich heute glaube – Simon Sasek 2.0


Mir wurde in den letzten Jahren sehr oft die Gretchenfrage gestellt, wie es denn heute, Jahre nach unserem OCG-Ausstieg, um meinen Glauben steht. Eigentlich bin ich der Meinung, dass das eine sehr persönliche Angelegenheit ist, die nichts in der Öffentlichkeit verloren hat.

Trotzdem leuchtet mir ein, dass man bei meiner Vergangenheit einen gewissen Erklärungsbedarf wohl nicht leugnen kann.

Darum rede ich heute darüber, woran ich heute glaube, denn wozu sollte ich mein Licht unter den Scheffel stellen?


Ich glaube:


  1. an unsere Verantwortung gegenüber der Schöpfung.

  2. Dass es erstrebenswert ist, sich stets neu zu verbünden, um Freiheit, Demokratie, Unabhängigkeit und Frieden zu stärken.

  3. Dass es dafür Solidarität und Offenheit gegenüber der Welt braucht.

  4. Ich glaube an den Willen, aufeinander Rücksicht zu nehmen und einander zu achten, um

  5. die Vielfalt in der Einheit leben zu können.

  6. Ich glaube, dass es wichtig ist, sich der Errungenschaften unserer Vorfahren bewusst zu sein, genauso wie

  7. auch unserer Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen.

  8. Ich glaube, nein, ich weiss, dass frei nur ist, wer seine Freiheit gebraucht und

  9. Dass unsere Stärke sich misst am Wohl der Schwachen.

  10. Ich halte es für richtig, die Punkte 1–9 im Namen Gottes des Allmächtigen anzustreben, solange niemand für sich allein beansprucht, im Namen des Allmächtigsten zu handeln.

Das, meine Damen und Herren, war zu weiten Teilen die sensationelle Präambel der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

Ich bezahlte einen grossen Preis, um sie auch zu meiner persönlichen Präambel werden zu lassen. Darum ist sie mir heute umso wertvoller. Warum bezahlte ich einen grossen Preis für die Präambel einer demokratischen Verfassung?


Ich wuchs zwar in der Schweiz auf, doch ich weiss paradoxerweise, wie es sich anfühlt, wenn ein politisches System sich in sämtliche Lebensbereiche seiner Rechtsunterworfenen einmischt und dabei jegliche Grenze zwischen dem System und dem Privaten auflöst. Ich weiss damit, wie sich totalitäre Strukturen anfühlen, denn ich wuchs zugleich in einer Sekte auf, die unsere Verfassung mit Füssen tritt und erst recht ihre Präambel. Diese Sekte gedeiht zwar auf dem fruchtbaren Boden eines der fortschrittlichsten und freiheitlichsten Staatswesen aller Zeiten, wäre ohne es in keiner Weise überlebensfähig, wird von ihm geschützt, gehegt und gepflegt, bastelt aber gleichzeitig aktiv an einer totalitären Parallelgesellschaft mit völlig eigenem Rechtsverständnis. Ich musste mich und meine kleine Familie später aus diesem Umfeld freikämpfen und noch einmal bei null beginnen. Keine schöne Geschichte.


Manche halten die Präambel der schweizerischen Verfassung für langweilig oder bloss für heisse Luft. Ich habe lernen müssen, dass sie tatsächlich nicht in Stein gemeisselt ist. Es braucht Menschen, die den Glauben an sie nicht verlieren und die sich tatkräftig für sie einsetzen. Herzlichen Dank an alle, die das taten, denn ihr habt uns den Weg in die Freiheit geebnet. Und herzlichen Dank an alle, die es weiterhin tun, damit dieser Weg auch für andere geebnet bleibt. Ich möchte mich sehr gerne daran beteiligen.


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