Heute erzähle ich erstmals die Geschichte, die mich im Jahr 2016 zum Whistleblower machte und betätige mich damit gleich nochmals als Whistleblower: Es geht dabei auch um brisante Tagebucheinträge von mir, die unter anderem tiefe Einblicke in die Arbeitsweise von kla.tv erlauben.
In der nachfolgenden Abschrift meines obenstehenden YouTube-Videos verweise ich auf meinen Blogeintrag hier, in dem ich dieselbe Geschichte noch einmal aus anderer Perspektive - als "Drama in 20 Quellen" - erzähle. Diese 20 Quellen enthalten zahlreiche Originalscans meiner Tagebücher und weitere Informationen, die ich heute zum ersten Mal präsentiere.
Abschrift des YouTube-Videos "Mein Whistleblower-Countdown - Simon Sasek 2.0":
Hallo zusammen!
In den letzten Monaten meines Jurastudiums befasste ich mich sehr intensiv mit dem Thema Whistleblowing bzw. Whistleblowerschutz. Plötzlich, an einem ganz normalen Tag in der flüsterleisen Unibibliothek, ich war gerade in eine Recherche zu internationalen Whistleblowing-Gesetzen vertieft, dämmerte es mir völlig zufällig: Krass, dass ausgerechnet die Geschichte eines grossen Whistleblower-Skandals dich selbst zum Whistleblower gemacht hat! Und das, ohne dass du’s damals überhaupt gecheckt hast!
Heute erzähle ich einmal die Geschichte meines Whistleblower-Countdowns und betätige mich damit gleich nochmals als Whistleblower, denn es geht heute auch um brisante Tagebucheinträge von mir, die einen tiefen Einblick, unter anderem in die Arbeitsweise von kla.tv, erlauben. Doch jetzt mal der Reihe nach.
Opening title: Mein Whistleblower-Countdown
Ich habe mich vor einem Jahr zwar insofern etwas aus der Öffentlichkeit verabschiedet, als dass ich derzeit keine Interviews und ähnliches in den öffentlichen Medien zur OCG gebe. Mein eigener Blog auf www.jesterton.ch und auch dieser Kanal hier stehen natürlich weiterhin offen für Hintergrundinformationen und meine persönlichen Gedanken.
Ich habe soeben mein Jurastudium im Bachelor erfolgreich abgeschlossen und endlich wieder einmal ein bisschen Zeit für meine Hobbies. Darum: Herzlich willkommen zu einem neuen Video auf diesem Kanal und auch zu einem neuen Blogeintrag, der die ganzen Quellen enthält, auf die ich in diesem Video verweise und vertiefende Informationen, Originalscans meiner Tagebucheinträge, ihr findet ihn unten verlinkt.
Zuerst will ich heute ausdrücklich alle diejenigen unter euch begrüssen, die noch in der OCG verbindlich mit dabei sind. Ich weiss, dass ihr ein rigoroses Verbot habt, meine Videos anzuschauen. Dass ihr trotzdem hier seid, zeigt, dass ihr intuitiv vernünftig handelt, denn eine Herrschaft, die keinerlei Widerspruch erträgt, ist eine schwache Herrschaft. Darum: Toll, dass ihr da seid und euch meine Gegenstimme zumutet.
Mein Whistleblower-Countdown handelt von der Geschichte des berühmten «letzten Tropfens», der das Fass in meinem Leben zum Überlaufen brachte, sodass ich genau heute vor 8 Jahren, am 29. August 2016, einen krachenden Neuanfang wagte. Zur Erinnerung: Ich wurde in eine neureligiöse Gruppe aus der Schweiz namens OCG hineingeboren. Diese Gruppe hat in den letzten Jahren vorallem mit dem Online-TV-Kanal «kla.tv» einiges an Aufmerksamkeit erregt. Ich bin der älteste Sohn des Gründers und Führers der OCG, verbrachte 3 Jahrzehnte in dieser Organisation zuletzt 12 Jahre vollzeitlich als Mitarbeiter, als «Juniorpartner» der OCG-Regie könnte man so sagen, der vordersten Führungsebene in Walzenhausen.[1] Heute vor 8 Jahren stieg ich in einer dramatischen Aktion aus der OCG aus. Ich habe das auch schon mal in einem Video etwas angedeutet.[2]
Wie ihr vielleicht aus meinen früheren Berichten ebenfalls schon wisst, wollte ich den Ausstieg bereits im Sommer 2011 durchziehen.[3] Ich war bereits damals am Ende meiner geistigen Kräfte angelangt, es waren jahrelange, regelmässige und vor allem auch vielschichtige Konfrontationen mit meinem Vater und der vordersten Führungsebene vorausgegangen.[4] Ein wichtiger Konfliktpunkt war gewesen, dass mein Vater damals ernsthafte Sympathien für Adolf Hitler hegte. Er nannte ihn intern seinen grossen Bruder «Adi», leugnete und relativierte den Holocaust intern unmissverständlich, unterstützte berühmte Nazis nach Kräften und führte Hitlers «Mein Kampf» auf Rang 2 seiner Lektüren-Hitparade.
Ich fand das damals wie heute abscheulich.[5] Allerdings genügte die Situation 2011 noch nicht, um mich den Ausstieg wirklich durchziehen zu lassen. Einerseits gab es meine private Situation noch nicht her. Ich war gerade frisch mit Mia verheiratet, ein Ausstieg hätte uns ziemlich sicher auseinander gebracht.[6] Andererseits obsiegten oft zuletzt doch Zwiefel, so dass der letzte Schritt nicht geschehen konnte, ich komme nochmals darauf zurück. Nach einer letzten grossen Eskalation am 17. Juli 2011 in Belgien kapitulierte ich noch einmal, gab klein bei und wurde darauf noch einmal für 5 Jahre zum Musterschüler, auch davon habe ich schon einmal in einem Video erzählt.[7]
Im Frühling 2016 dämmerte es mir dann allerdings langsam, dass es im Leben immer noch eine Stufe grotesker geht, wenn man die Kraft zum Handeln nicht rechtzeitig aufbringt. Es war, als mein Vater allen Ernstes damit begann, mit der Theorie einer flachen Erde zu flirten.[8] Es kam damals in Schüben. Er hatte sich Anfang 2016 erstmals einen eigenen Internetzugang in seinem Büro einrichten lassen, nachdem er davor fast zwei Jahrzehnte lang damit gezögert hatte, weil er das Internet als Teufelszone verstand und versteht.[9] Er wäre vielleicht besser dabei geblieben, denn bei einer der ersten eigenen Recherchen im Internet stiess er dann auf für ihn sensationelle Neuigkeiten:
Ein Verschwörungsblog aus den USA behauptete, die NASA sei eine einzige Verbrecherbande, ein Aussenposten Hollywoods, der die Menschheit systematisch täusche. Die Mondlandung 1969 sei ohnehin ein Fake gewesen aber jetzt kommts: Auch die Katstrophe von 1986, als alle 7 Besatzungsmitglieder der Challenger Raumfähre auf tragische Weise ums Leben kamen, sei lediglich eine Show gewesen. In Wahrheit würden alle 7 Besatzungsmitglieder noch mitten unter uns leben.[10] Eine Google-Bildsuche habe den Beweis dafür erbracht.
Zuerst präsentierte er diese Story bei einer Grosskonferenz der OCG vor etwa 2000 Personen am 25. Juni 2016.[11] Danach begann er dann mit der Produktion eines sogenannten «Dokumentarfilms» über die Challenger Katastrophe mit dem Titel «Werden wir an der NASA herumgeführt?».[12] Sein Motiv dahinter kommunizierte er intern offen: Die Wissenschaft delegitimieren, den Boden bereiten, um das Weltbild der Zuschauerschaft in wahrstem Sinne des Wortes zu erschüttern und das Thema «Flache-Erde» vorzuspuren.[13]
Am Sonntag nach dieser Konferenz sinnierte dann auch familienintern über neue «Forschungsprojekte» der OCG, wie wir mittels eigener Vermessungen der Erdoberfläche den Beweis für eine Flache Erde erbringen könnten.[14] Meine Mutter schwärmte in höchsten Tönen, es gehe ihr so hoch bei diesen Gedanken, ein interner Code um Zustimmung zu signalisieren.
Ihr könnt euch die Traurigkeit vermutlich kaum vorstellen, die mich in diesen Tagen erfasste. Tief in mir hatte ich mir in den Jahren davor gewünscht, im Unrecht zu sein, damit mein Leben so bleiben könnte, wie es damals war. Denn ich hatte eigentlich riesige Angst vor Veränderung.[15] Dennoch würgte mich der dunkle Schatten der Gewissheit immer unentrinnbarer, dass ich meine Lebenszeit für einen schlechten Scherz, bestenfalls, in Wirklichkeit wohl für eine gefährliche Lügenmaschinerie, investiere.[16] Und die Ausreden gingen mir langsam aus, ich konnte mein Spiegelbild nicht mehr ansehen, weil ich wusste: Du siehst diesen ganzen Wahnsinn hier ziemlich klar und trotzdem schweigst du als egoistischer Opportunist.[17] Die Geister, die ihr hier ruft, die werdet ihr nicht mehr los und du wirst nie behaupten können: «Ja, ich habe halt einfach nur Befehle ausgeführt! Ich dachte immer, Papa wüsste ja, was er tut! Ich war loyal und gehorsam und ging hinterher».
Du hast eine eigene Verantwortung in deinem Leben![18]
Viele Aussenstehende können sich allerdings kaum vorstellen, wie schwierig es ist, im innersten Machtzirkel eines geschlossenen Systems wie der OCG Kritik zu üben. Damit man überhaupt in den innersten Zirkel vorgelassen wird, muss man über Jahre hinweg komplette Ergebenheit beweisen.[19] Man beweist sie, indem man aktiv dazu beiträgt, die Dynamik des vorauseilenden Gehorsams um die Führungsperson zu kultivieren und zu perfektionieren.[20] Im innersten Machtzirkel wird dann selbst an deinen Blicken abgelesen, ob du zweifelst. Jubelst du nicht strahlend und euphorisch genug über die weisen Worte des Führers, erweckst du bereits Verdacht. In einem solchen System können Blicke und Tonlagen über den Fortgang deiner Lebensgeschichte entscheiden, du wirst also niemals unbedacht Kritik üben, schon gar nicht fundamentalste Kritik.[21]
Der Leidensdruck wurde für mich dann aber im Sommer 2016 dann aber so gross, dass ich mich entschied, es trotzdem noch einmal mit Ehrlichkeit zu versuchen. Ich hoffte, es könnte mir vielleicht mit etwas hinzugewonnener Reife und Besonnenheit im Gegensatz zu 2011 diesmal gelingen, einen konstruktiven Prozess anzustossen.[22] Hinzu kam, dass ich mir beim Thema «Flache Erde» und auch bei der haltlosen Behauptung, die NASA betrüge die Welt über die wahre Gestalt der Erde, sicher sein konnte, dass ich meiner Wahrnehmung trauen konnte. Und das ist ganz ein wichtiger Punkt: Bei früheren Konfrontationen obsiegten zuletzt oft die Zweifel. Weil ich mir dachte: «Ja, du als möchtegern-kluger Schreiner, willst hier jetzt dein Leben über den Haufen werfen betreffend Fragen, wo Leute mit akademischem Hintergrund, mit Doktortiteln deinem Vater Recht geben, wie willst du dir sicher sein usw. Zuletzt hat es dann immer an diesem entscheidenden Kick gefehlt, mir sicher zu sein. Und da wusste ich, das Flache-Erde-Thema, das kannst du bewältigen, das eignet sich auch als Testballon.[23] Ich wollte damit prüfen, wie würde mein Vater auf Kritik reagieren, wie würde er es mit der Wahrheit halten in dieser Sache.[24]
Am 30. Juni 2016 wagte ich mich dann hervor. Ich musste behutsam vorgehen. Das war nach der Konferenz, an der mein Vater erstmals öffentlich über die NASA-Sache gesprochen hatte. Ich entschied mich da, als Mitglied der Chefredaktion von kla.tv und innerhalb der gewöhnlichen dienstlichen Korrespondenz mit meinem Vater, ihm ein kurzes Memo, ein sehr unaufgeregtes, kurzes Memo.[25] Ich teilte ihm darin mit, ich finde, wir hätten uns mit diesen Aussagen zur NASA wohl etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt. Zudem fügte ich, was das Thema «Flache Erde» betrifft, noch den Youtube-Link eines ISS-Rundgangs an. Das Video zeigte einerseits die Kooperation zwischen den USA und Russland auf der Internationalen Raumstation und andererseits die Kugelgestalt der Erde. Wenn also auch dieses Video ein Täuschungsprodukt wäre, merkte ich an, dann müssten auch die Russen daran beteiligt sein und ich wusste, dass Pa auf die Russen überhaupt nichts kommen liess und hoffte, ihn damit vielleicht ein bisschen zum Nachdenken anregen zu können.[26]
In der Folge redete mein Vater fast einen ganzen Monat lang nicht mehr direkt mit mir.[27]
Immerhin, eine knappe Woche später, kurz vor seiner Abreise auf den Campingplatz in Gailingen am Rhein, liess er mir über seine Sekretärin ausrichten, er habe mein Memo eben gerade vor Abreise kurz gelesen. Es sei irgendwo in einem Stapel verlorengegangen. In der Zwischenzeit habe er bereits ein ganzes Drehbuch für einen kompletten NASA-Film verfasst. Selbstverständlich würde dieser Film in seiner Abwesenheit nicht veröffentlicht werden ohne mein O.K., ich solle doch das Drehbuch gerne begutachten.[28]
Bereits eine kurze Quellenrecherche zum Drehbuch genügte mir daraufhin, um zu sehen, dass der von meinem Vater zitierte Blog höchst unseriös war. Hinzu kam, dass der Verfasser des Artikels in einem späteren Blogartikel sogar selbst inhaltlich zurückrudern musste, was Pa aber übersehen hatte. Zudem gab es zahlreiche dramatische Ungereimtheiten in der Geschichte. Ich verfasste darum ein kurzes «Gutachten» zur Quellenlage über den NASA-Film, woraus man schliessen konnte, dass es an jedem Fundament fehlt, eigentlich. Gleichzeitig verzichtete ich darauf, zu panisch oder alarmistisch zu klingen und überliess Pa die Entscheidung über das Schicksal des Films vollständig, ich wollte ihn ja nicht unter Druck setzen, sondern abspüren, wie er mit meinem Signal prinzipiell umgehen würde.[29]
In der Meinung, Pa würde mein Gutachten am kommenden Dienstag lesen, fuhr ich am Sonntag davor, am 10. Juli, mit meinen Geschwistern nach Gailingen am Rhein zu meinem Vater auf den Campingplatz, um mit ihm seinen 60. Geburtstag zu feiern, er hatte am 10. Juli seinen 60. Geburtstag. Gerade hatte ich mich noch gefreut über sein Vertrauen und vorallem, dass es mir gelungen war, irgendwie konstruktive Kritik zu üben und ich damit scheinbar auf Gehör stiess,[30] als mein Testballon mit einem lauten Knall abgeschossen wurde.
Noch auf der Hinfahrt zu seiner Geburtstagsfeier wurde ich plötzlich von meinen Geschwistern im Verbund massiv zur Rechenschaft gezogen. Sie erklärten mir, ich hätte dem Teufel Raum gegeben, indem ich nur schon in Erwägung gezogen hatte, Pa bezüglich seiner NASA-Aussagen zu hinterfragen. Ich bat etwas überrumpelt und irritiert, sie sollten doch vielleicht noch bis Dienstag warten mit ihrem Urteil, bis Pa das Gutachten überhaupt gelesen hätte.[31] Doch in Gailingen angekommen, verstand ich dann, dass Pa vom Campingplatz aus die Anweisung gegeben hatte, den Auftrag gegeben hatte, mich zum Schweigen zu bringen, noch bevor er das Gutachten überhaupt gelesen hatte.[32] Die Wahrheit interessierte ihn also völlig offensichtlich nicht im Geringsten.[33] Und das war der Tropfen, der das Fass bei mir zum Überlaufen brachte.
Um den schönen Festtag dann nicht zur Katastrophe ausarten zu lassen, schauspielerte ich meine verständnisvolle Reue und Einsicht.[34] Doch innerlich war die Entscheidung gefallen: Das war’s! Ich werde aussteigen, ich muss aussteigen, ich kann hier nichts mehr tun. Der 10. Juli 2016 wurde damit zum Tag 50 meines Countdowns bis zu Tag 0, dem Ausstieg am 29. August 2016. Warum es diesen Countdown brauchte, das könnt ihr in meinem Blogartikel im Detail nachlesen. Ich hoffte allerdings bis zur letzten Minute, der Countdown könnte noch durch höhere Gewalt unterbrochen werden.[35]
Am 15. Juli (Tag 45 des Countdowns) ging dann der «Dokumentarfilm» meines Vaters über die Challenger-Katastrophe online und wurde in Kürze hunderttausendfach geklickt.
Am Morgen des 26. Juli (Tag 34 des Countdowns) rief mich Pa dann zu sich ins Büro und offenbarte mir unter dem Eindruck der fantastischen Klickzahlen seines NASA-Films den Grund für die längere Funkstille zwischen uns. Schnell atmend und für seine Verhältnisse ungewöhnlich nervös setzte er an:
«Simon, ich habe nach deinem Warnhinweis tagelang ernsthaft mit dem Gedanken gerungen, kla.tv, komplett einzustampfen. Ich bin aber zuletzt zum Schluss gekommen, es doch nicht zu tun und den Prinzipien treu zu bleiben, die mich jetzt jahrzehntelang unfehlbar navigiert haben. Also fällte ich die Entscheidung über den NASA-Film mit diesen Leuten, mit denen ich seit je meine Entscheidungen fälle, mit den vier Teamfrauen und mit Mami. Wir konnten damals ja noch nicht ahnen, dass der Film dann ein solcher Erfolg werden würde. Kein Wunder war er so angefochten gewesen im Vorfeld.
Ich kann dir also darum nur ans Herz legen, uns weiterhin zu vertrauen – ja, er redete im pluralis majestatis – und in deinem Teil zu bleiben. Du bist mein fähigster Umsetzer. Das ist das, was du am besten kannst, bleib dabei. Tue nichts ohne Auftrag, behalte deinen Wesenspunkt, deine Wesensverfehlung der Neugierde weiterhin vor Augen. Wenn wir alle in unserem Teil bleiben, dann werden wir durchbrechen und grenzenlosen Erfolg haben.»[36]
Seine angespannte Aura machte es überdeutlich, dass in diesem Moment schon ein kritischer Blick von meiner Seite genügt hätte und die Kollision von 2011 hätte sich in voller Wucht wiederholt.[37] Also musste ich unter dem Radar fliegen und unbedingt keinen weiteren Verdacht erwecken, sonst wäre meine Ausstiegsplanung und vor allem meine Strategie, wie ich meine Frau Mia und Laelle aus der Schusslinie nehmen wollte, ins Wasser gefallen.[38] Also nickte ich gehorsam und reuevoll und sagte: «Ja, Pa, es tut mir leid, dass ich mich aufgedrängt habe, dass ich zu neugierig war. Ich werde künftig in meinem Teil bleiben». Zum Ende des Gesprächs, das aus seiner Sicht sehr harmonisch verlaufen war, beteten wir gemeinsam wie gewohnt. Wir befahlen die «Geister der Spaltung», die zwischen uns gewirkt hatten, hinaus auf «Asasel», auf die Söhne des Verderbens, auf die Verschwörer und forderten von Gott den Untergang der freien (d.h. der westlichen) Welt.[39] So läuft das da im innersten Zirkel.
Ich war selbst davon verblüfft, in welcher Ruhe und Demut ich Pa an diesem denkwürdigen Morgen in die Augen blicken konnte, während ich innerlich bereits Tag 34 meines Ausstiegscountdowns zählte. Wie sehr hatte ich mir vor diesem Gespräch erhofft, es könnte den Countdown vielleicht unterbrechen. Vergeblich.[40]
Am 08. August 2016, (Tag 21) meines Countdowns, kam mir dann völlig überraschend erstmals die Idee, wohin meine Reise nach dem Ausstieg überhaupt gehen könnte: «Du wirst ein Jurastudium anpacken!», durchfuhr es mich. Was für ein aberwitziger neuer Gedanke! Liebe OCG-Mitglieder, nein es ist nicht die Wahrheit, dass ich die OCG angeblich aufgrund meiner Karrierepläne verlassen hätte und da mit wehenden Fahnen davor geritten sei. Nein, die Idee zum Rechtsstudium kam mir erstmals nachdem die Entscheidung zum Ausstieg längst gefallen war, meine Tagebücher beweisen das, ihr könnt es auf meinem Blogartikel lesen und nachprüfen.[41]
Am 29. August zog ich den Ausstieg dann durch. Ihr findet auf meinem Blog auch heute erstmals alle meine Tagebucheinträge dieses schicksalhaften Tages 0. Prüft selbst, inwiefern ich da mit wehenden Fahnen überheblich davongeritten bin.[42]
Ich fasse meinen Ausstiegs-Countdown als kla.tv-Whistleblower zusammen: Ich hatte versucht, auf die völlig unseriöse Quellenlage zum «Dokumentarfilm» meines Vaters über das Challenger-Unglück bei der NASA hinzuweisen. Ich schrieb als Mitglied der Chefredaktion von kla.tv zunächst ein Memo an ihn und führte danach in seinem expliziten Auftrag eine Quellenprüfung durch. Doch ich hatte damit kein Durchkommen. Ohne das Ergebnis meiner Arbeit auch nur schon anzusehen, wurde ich in seinem Auftrag zum Schweigen gebracht. Es blieb mir darum nur die Wahl, mich zu beugen oder zu fliehen.
Ganz ähnlich erging es übrigens im Jahr 1986 –und jetzt komme ich auf den Punkt – dem US-amerikanischen Ingenieur Roger Boisjoly. Er war bei einem Subunternehmen der NASA angestellt und warnte in den Monaten vor der Challenger-Katastrophe auf dem internen Dienstweg rechtzeitig vor der bevorstehenden Katastrophe. Er wurde von hochrangigen NASA-Beamten zum Schweigen gebracht.[43]
Als er nach der Katstrophe dann das Memo veröffentlichte, welches er seinen Vorgesetzten vor dem Unglück geschrieben hatte, gerieten die Angehörigen der 7 toten Besatzungsmitglieder, und ja, sie sind alle tot, dermassen ausser sich, dass der Druck der Öffentlichkeit auf die NASA-Führung gigantisch wurde: Der US-Kongress erweckte danach ausdrücklich wegen der Dynamik, die diese Katastrophe, diese Whistleblower-Katastrophe verursacht hatte, das erste Whistleblower-Gesetz der US–Geschichte aus Bürgerkriegszeiten wieder zum Leben: Den sogenannten False Claims Act von 1863. Der False Claims Act schütz Whistleblower nicht nur sondern belohnt sie auch für ihren Dienst am Gemeinwohl. Allerdings ist er nicht auf Leute wie Snowden anwendbar, doch das wäre wieder eine andere Geschichte.[44]
Ich fasse zusammen: Die Challenger-Katastrophe war das Ergebnis mangelnden Hinhörens der NASA-Führung auf interne Whistleblower. Es gab diese Katastrophe, es gab die Opfer und es gibt ihre am Boden zerstörten Angehörigen bis heute.
Es ist eine Verhöhnung aller 7 Opfer der Challenger-Katastrophe,
eine Verhöhnung ihrer Angehörigen und eine Verhöhnung der Whistleblower, die rechtzeitig vor der Katastrophe gewarnt hatten,
heute allen Ernstes zu behaupten, es habe diese Katastrophe niemals gegeben und ihre Opfer lebten angeblich noch gesund munter mitten unter uns.
Es ist eine Verhöhnung der Wahrheit.
Es ist eine Lüge.
So wurde zufälligerweise ausgerechnet die kla.tv-Lüge über den Whistleblower-Skandal des Challenger-Unglücks der NASA zu dieser einen Lüge zu viel, die das Fass bei mir zum Überlaufen brachte, womit ich dann selbst zum Whistleblower werden musste. Ich erlebte hinterher immerhin die Standard-Story eines Whistleblowers am eigenen Leib: Nach erfolgloser interner Warnmeldung musste ich untertauchen und verlor danach meine gesamte Existenz.
Weniger ins Klischee passt dabei, dass ich inzwischen gesund und munter in einem tollen Leben angekommen bin, jetzt gerade mein Jura-Bachelorstudium mit einer aufwändigen Bachelorarbeit zum Thema Whistleblowing abschliessen konnte [45] und nach dem Masterstudium nun auf die Zulassung als Rechtsanwalt hinarbeiten darf.
Was für eine glückliche Wendung, was für eine bombastische Geschichte.
Allerdings kam es einzig dazu, weil ich eine grandiose Frau habe, die zu mir gehalten hat, die mit mir durch diese dunklen Stunden, durch diese dunklen Jahre gegangen ist, die so viel mit mir gearbeitet hat, die zu mir gehalten hat. Hätten wir den Ausstieg nicht gemeinsam geschafft, es hätte nicht funktioniert, es gäbe uns vermutlich nicht mehr.
Auf meinem Blogartikel könnt ihr zahlreiche weitere Details zu dieser Story lesen und auch warum es so schwierig war, den Ausstieg gemeinsam zu schaffen.
Damit bin ich am Ende dieses Videos angelangt. Ich danke, dass ihr dabei wart. Ich hoffe, es hat euch gefallen und wünsche euch alles Gute. Bis zum nächsten Mal.
Ending titles & Musik
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Alle folgenden Fussnoten verweisen auf diesen separaten Blogeintrag:
[1] Quellen 20, Ziff. 1-4
[2] Quellen 20, Ziff. 5
[3] Quellen 20, Ziff. 6
[4] Quellen 20, Ziff. 1
[5] Quelle 01
[6] Quellen 20, Ziff. 7
[7] Quellen 20, Ziff. 8
[8] Quelle 05, Ziff. 7-8
[9] Quelle 07, Ziff. 4, Quelle 09, Ziff. 5
[10] Quelle 07, Ziff. 4-6
[11] Quelle 05, Ziff. 5
[12] Quellen 20, Ziff. 9, Quelle 07, Ziff. 2
[13] Vgl. Quelle 05, Ziff. 5-8
[14] Vgl. Quelle 07, Ziff. 3
[15] Quelle 03, Ziff. 5-6; Quelle 4, Quelle 05, Ziff. 9-10
[16] Quelle 01, Ziff. 6; Quelle 02, Ziff. 1 &3; Quelle 05, Ziff. 7-8; Quelle 13, Ziff. 2
[17] Quelle 02; Quelle 03, Ziff. 4-6
[18] Vgl. Quelle 02, Ziff. 12
[19] Quelle 03, Ziff. 1-3;
[20] Exemplarisch dafür Lois’ Verhalten in Quelle 09, siehe auch Quelle 11, Ziff. 7-8 und Quelle 12, Ziff. 1
[21] Quelle 02, Ziff. 9-10 & 17; Quelle 11, Ziff. 1-2; Quelle 13, Ziff. 6-8
[22] Quelle 06
[23] Quelle 07, Ziff. 6
[24] Quelle 12, Ziff. 3
[25] Quelle 06
[26] Quelle 06, Ziff. 2
[27] Quelle 11, Ziff. 3
[28] Quelle 07, Ziff. 2
[29] Quelle 08-Quellenprüfung NASA-Film
[30] Quelle 08, Ziff. 1&3
[31] Quelle 09
[32] Quelle 13, Ziff. 3
[33] Quelle 12, Ziff. 2
[34] Quelle 09, Ziff. 2; Quelle 10, Ziff. 2
[35] Quelle 16, Ziff. 8
[36] Quelle 11, Ziff. 2-7; Quelle 13, Ziff. 5
[37] Vgl. Quellen 20, Ziff. 10
[38] Quelle 13, Ziff. 8-9; Quelle 14, Ziff. 1
[39] Quelle 11, Ziff. 2-6
[40] Quelle 13, Ziff. 5
[41] Quelle 14, Ziff. 2-5
[42] Quellen 15-17; Quellen 20, Ziff. 11
[43] Quellen 18 & 19; siehe auch sein Wikipedia-Eintrag
[44] Quellen 18 & 19
[45] Quellen 20, Ziff. 12
Lieber Simon
Danke für deine Offenheit. Ist es doch nicht selbstverständlich so viele Teile des persönlichen Tagebuchs zu veröffentlichen.
Klar brauchte es das um das Thema zu beleben. Trotzdem ist ein bemerkenswerter Weg, den du eingeschlagen hast. Es ist keine theoretische Arbeit daraus geworden - oh nein. Wir, die wir wissen, wovon du sprichts, wollen das hoch achten, dass du dich so tief öffnest.
Auch gratuliere ich dir zum Teil- Abschluss auf deinem Weg. Es freut uns sehr, wie sich alles entwickelt hat, auch bei Joshua. Von David weiss ich wenig bis nichts, gehe aber davon aus, dass ihr Kontakt habt.
Wünsche dir und deiner Familie von Herzen alles nur erdenklich Gute.
"Häbet Sorg zunang"
Lieber Gruss Daniel
Lieber Simon, nachdem ich seit einigen Jahre immer wieder mal deine Geschichte mitverfolgt habe, danke für diesen Bericht! Ich kann ein wenig mitfühlen, wie angespannt und Zeit gewesen sein muss. Es muss eine unglaublichen inneren Druck gebraucht habe, die eigenen Wurzeln abzuschneiden, ohne neue zu haben. Das aufrichtige Suchen, die innere Weigerung, weiter gegen die eigenen Überzeugungen zu handeln, selbst auf das Risiko hin, Frau und Kind darüber zu verlieren, zeugen von einem gewaltigen Kampf, den du in großer innerer Aufrichtigkeit ausgetragen hast. Dafür meinen allergrößten Respekt! In so einer Situation den Ausstieg noch strategisch zu planen, muss alles gekostet haben. Aus einigen Lebensgeschichten, an denen ich beruflich (Psychiater und Psychotherapeut) Anteil haben durfte, ahne ich, was der Ausstieg au…
Danke für diesen spannenden Hintergrundbericht der letzten Tage deines Ausstiegs. Der riesige emotionale Effort, den du / den ihr habt leisten müssen, wird unglaublich gut nachvollziehbar. Besonders spannend finde ich auch, dass «Augenschein-Einschätzungen» von mir als Aussenstehenden durch deine Beschreibungen bestätigt werden – namentlich die unverblümte Faszination, die dein Vater Diktatoren entgegenbringt (ein vergleichbares Beispiel sehen wir ja auch im Präsidentschaftskampf in den USA) sowie die kompromisslos-blinde, unglaublich harte Vorgehensweise des inneren Kreises (am Beispiel der einschüchternden Zurechtweisung von Seiten deiner Schwester). Insgesamt wirklich ein Lehrstück, wie totalitäre Gemeinschaften funktionieren.
Nun aber vor allem: Herzliche Gratulation zu deinem BA-Abschluss! Wir alle können gespannt auf das Thema deiner Masterarbeit sein 😊!
Lieber Simon, erstmal herzliche Glückwünsche zum Bachelorabschluss! Da ich selbst einen gemacht habe, weiss ich, mit vieviel Anstrengung das verbunden ist. Ich finde es schön zu sehen, wie dein Studium auch immer wieder eine Verarbeitung deiner Vergangenheit auf tieferen Ebenen anstösst. Du hast da wohl eine Art Autotherapiemethode für dich gefunden. Dass wir alle ein bisschen daran teilhaben haben dürfen, finde ich nicht nur interessant, sondern auch wichtig. Menschen wie du (wie wir) haben sozusagen "einmal Diktatur und zurück" erlebt und können über die Tücken und Gefahren aufklären, ohne dass so ein Sepia-Filter drüber liegt. Dass du auch Tagebuch-Scans hier zur Verfügung stellst finde ich mutig und lässt tief blicken. Irgenwie tut es bestimmt auch weh, ich weiss noch, wie…
Als Gegenstimme zu Ivo Saseks Äüßerungen zur flachen Erde habe ich (Markus Bechtel) am 18. März 2018 auf FB und YT den nachfolgenden Beitrag gepostet.
Diesen Beitrag habe ich auch direkt an Kla.tv geschickt. Ivo Sasek und die kla.tv-Redaktion hatte also Kenntnis von diesen Gegenargumenten. Oder hätte zumindest davon Kenntnis haben können, wenn sie alle meine Mails nicht prinzipiell ungelesen in den Papierkorb schicken würden.
Elias Sasek, der EDV-Verantwortliche der OCG bzw. von Kla.tv, schrieb mir in einer Rückmeldung, ich bräuchte mir gar keine Mühe machen. Meine Mails würden bei ihnen ohnehin ungelesen im Papierkorb landen.
"Das Flacherd-Geseier der Flacherdler ist grober Unfug. Diese Flacherdler negieren dabei über ein halbes Jahrtausend Mathematik, Astronomie-, Geographie- und Physikgeschichte. Nach den bisherigen Erkenntnissen…